Luxaa-Gründerin Anne Trautwein im Gespräch mit dem Leipziger Künstler Michael Holzwarth
Für das Luxaa Kampagnenshooting 2017 waren wir auf der Suche nach einem inspirierenden Setting. Auf seiner Ausstellung entdeckten wir die wunderbaren "Blauschatten" des jungen, Leipziger Künstlers Michael Holzwarth und waren sofort begeistert.
Michael, Du bist Leipziger Künstler, Kunstkritiker und Autor, erzähl uns doch ein bisschen von Dir und deiner Arbeit!
Michael Holzwarth: Ich bin zum Studium der Philosophie und Kulturwissenschaften vor neun Jahren nach Leipzig gekommen, inzwischen ist hier mein zu Hause. Kunstkritik habe ich während meines Studiums gerne nebenbei gemacht, z.B. für den Leipzig Almanach. Veröffentlicht habe ich einige philosophische Essays, also solche Texte, die für den akademischen Betrieb zu frei und zu eigenständig sind, manchmal auch zu gewagt oder zu provokant. Was dies Texte verbindet, ist dass sie alle im Kern der Frage nachgehen, wie wir unser gesellschaftliches Zusammenleben gestalten wollen. Mit den Blauschatten habe ich vor eineinhalb Jahren begonnen. Für mich ist das auch Philosophie – visuelle Philosophie. Der Mensch in seiner Vielgestaltigkeit ist für mich die interessanteste Landschaft. Bei meinen Bildern geht es mir nicht nur um das sichtbare Resultat, sondern auch um die Begegnung und den Austausch mit dem Menschen. Wer mit mir ein Bild macht, bringt mir viel Vertrauen entgegen. Das ist immer wieder eine wunderbare Erfahrung. Ähnlich wie beim Trampen, wo zwei sich zunächst fremde Menschen viel Vertrauen schenken und dadurch Gemeinschaft wagen, bringt die Arbeit mit meinen Bildern für mich viele besondere Erfahrungen der Begegnung und des Vertrauens. Ich gehe selbst mit viel Vertrauen durchs Leben – andere nennen mich naiv. Bisher habe ich damit viele gute Erfahrungen gemacht.
Welche Beziehung siehst du zwischen deinen Werken und Luxaa? Was hat den Impuls für die Zusammenarbeit gegeben?
Michael Holzwarth: Die Philosophie von Luxaa, das Experimentieren mit ungewöhnlichen Materialien gefällt mir, hier sind wir uns ähnlich. Ich komme oft am Luxaa Showroom auf der Könneritzstraße in Leipzig vorbei, es gefällt mir, wie er Nachts in der Dunkelheit wirkt. Er wirkt dann, wenn er so still und leer und dennoch gut beleuchtet ist, wie ein großer Kunstkasten. So sind wir zusammengekommen.
Deine jüngste Ausstellung war auch eine Hommage an Yves Klein – warum Yves Klein?
Michael Holzwarth: Yves Klein war wirklich ein Freak, das macht ihn mir sympathisch. Klein hat eine wunderbare Intimität hergestellt zwischen dem Körper des Menschen und dem Material, welches sein Bild trägt. Seine Anthropometrien finde ich genial. Es ging ihm dabei besonders um die Performance – der Mensch als lebender Pinsel. Für mich liegt der Reiz auch im Prozess der Herstellung, mit Klein teile ich aber auch die Liebe zum Blau. Im ozeanischen Blau meiner und seiner Bilder spüre ich immer wieder die Geste der ruhigen Öffnung und Einladung.
Wie genau entsteht ein klassisches Michael Holzwarth Werk?
Michael Holzwarth: Ich arbeite mit einem alten, photochemischen Verfahren und übertrage es auf meine großen Formate. Erst durch das Sonnenlicht entsteht auf den unbedeckten Stellen die blaue Farbe. Am liebsten arbeite ich am Strand eines Sees oder auf einer Wiese, wenn die Sonne scheint und jeder Sonnenfreund von sich aus Lust bekommt, sich auszuziehen und sich in die Sonne zu legen. Statt eines Strandtuchs legen meine Modelle sich auf die von mir präparierten Papierbögen oder Leinwände.
Welche Rolle spielt der Zufall in deinen Arbeiten?
Michael Holzwarth: Jeder Schritt folgt einer inneren Idee, die aus irgendeiner Tiefe in mir hervorquillt. Zunächst ist es dann jedoch erst einmal eine Ahnung und eine Lust. Alles weitere folgt dann im Prozess des Arbeitens. Ich will nicht allzuviel planen, sondern lieber spontan auf die jeweilige Situation reagieren.
Es gibt gewisse Elemente, die ich nicht genau kontrollieren kann: die Sonneneinstrahlung, wen ich als Modell gewinne, und dennoch entstehen meine Bilder nicht zufällig. Mich leitet eine Entdeckerlust. Ich versuche die Vielgestaltigkeit des Menschen in einem neuen Licht freizulegen. Im Gegensatz zur digitalen Fotografie und zur Malerei habe ich dafür nur einen einzigen Versuch und kann nach der Belichtung nichts mehr verändern.
Mit welchen Schwierigkeiten ist ein junger Künstler heute konfrontiert und worin siehst Du Deine Mission?
Michael Holzwarth: Bei der Vielzahl der Wege, wie man zur Kunst kommt, kann ich das pauschal nicht beantworten. Ich bin aber recht froh, dass zumindest in manchen Kreisen heute weniger darauf geschaut wird, woher jemand kommt, sondern wohin jemand will und worin sein künstlerisches Werk besteht. Ich verstehe mich nicht als Missionar, vielmehr als Suchender und Experimentierender auf dem Feld der menschlichen Begegnungen. Dennoch habe ich mich viel mit dem Thema des Mythos in unserer Zeit auseinander gesetzt, wie wir unser Leben und die Welt erzählen. Zur Erzählung der Welt will ich einen Beitrag leisten.
Wie siehst Du Dein weiteres künstlerisches Schaffen, wohin geht die Reise?
Michael Holzwarth: Die blauen Bilder – Blauschatten – erfüllen mich künstlerisch nach wie vor und ich sehe mich auf diesem Weg, den ich da eingeschlagen habe, erst am Anfang. Da gibt es noch viel zu erkunden und zu erforschen, technisch, aber auch im Bezug auf solche Motive, die ich bereits ausprobiert habe. Es ergeben sich immer wieder neue, spannende Spielarten. Es ist immer wieder eine völlig neue Erfahrung mit einer ja meist fremden Person ein Werk entstehen zu lassen. Ich mache keine Bilder von Menschen, sondern mit ihnen. Das Bild ist das Substrat einer Begegnung in Raum und Zeit, aufgeladen mit einer Geschichte und sehr viel Sinnlichkeit.
Michael, Danke Dir für deine Zeit und deine Worte.